6 Gründe, noch heute mit dem Schreiben zu beginnen
Es grenzt an ein Wunder, dass ich heute meinen Lebensunterhalt mit dem Schreiben verdiene. Als ich zur Volksschule ging, kannte man Legasthenie noch nicht. Wer damals nicht fehlerfrei schreiben konnte, galt als dumm und als hoffnungsloser Fall.
Ob es das intensive Üben war oder meine Eigenschaft, mir große und schwierige Herausforderungen zu suchen, jedenfalls wurde das Schreiben zuerst zur Gewohnheit, dann zur Leidenschaft und irgendwann auch zum Beruf.
Ich schreibe aber nicht nur für Kunden. Beinahe jeden Tag schreibe ich auch nur für mich, hauptsächlich aus diesen 6 Gründen:
1. Schreiben, um Klarheit zu finden.
Fährt mein Monkey im Kopf wieder einmal Karussell, kann ich ihn mit Schreiben stoppen. Wenn Ideen, Sorgen, Vorstellungen, To-dos und Emotionen ohne Unterlass durch meinen Kopf pumpen, nehme ich mir ein Blatt Papier und schreibe alles aus mir heraus. Danach wird sortiert, bewertet und verarbeitet, bis endlich Ruhe ist. Als Kopfmensch ist Braindumping für mich eine hervorragende Methode, um meinen Fokus wieder zu finden.
2. Schreiben, um mich besser kennenzulernen.
Da darf alles raus. Ich kann mich ungeschminkt über mich selber oder andere äußern. Ob Krisen, Verlust, Krankheit oder Depression, Schreiben kann darüber hinweghelfen. Es ist eine einfache Methode der Selbsthilfe. Durch Studien wurde nachgewiesen, dass es wohltuend bei Erkrankungen ist, depressive Verstimmungen lindert und sich auch positiv auf das Immunsystem auswirkt.
3. Schreiben, um zu dokumentieren.
Ich habe nicht vor, eine Autobiografie zu schreiben, aber bedeutende Ereignisse, Meilensteine oder Reiseberichte versuche ich schriftlich festzuhalten. Das klingt in unserer Zeit vielleicht ein bisschen antiquiert, wo es doch Facebook und Instagram gibt. Aber es hat eine andere Wertigkeit, wenn man Monate und Jahre später die Notizbücher wieder aufklappt und nachliest.
4. Schreiben, um Wünsche zu verwirklichen.
In Phasen der Neuorientierung hat mir Schreiben geholfen, meine Richtung zu finden und meine Ziele zu verinnerlichen. Die Be-Do-Have-List ist eine sehr kraftvolle Übung, die man für alle Bereiche des Lebens, in denen man sich Veränderung wünscht, anwenden kann.
Zuerst überlegt man sich, welche persönlichen Qualitäten man braucht, um ein Ziel zu erreichen (BE). Dann definiert man, was man dafür tun muss (DO). Erst danch widmet man sich dem Ergebnis (HAVE). Am besten beschreibt man alles möglichst detailreich, der Fantasie sind das keine Grenzen gesetzt. Bei konsequenter Wiederholung kann die Übung ein echter Erfolgsbeschleuniger sein.
5. Schreiben, um kreativ zu sein.
Definitionen für kreatives Schreiben gibt es viele. Ich sehe es so: Beim kreativen Schreiben ist alles erlaubt. Statt sich wie in der Schule an Textgattungen abzumühen, wird einfach mit Sprache experimentiert.
“Alles kann zum Schreiben inspirieren”, zeigt sich Autorin Doris Dörrie in ihrem Buch “Leben, schreiben, atmen” überzeugt und liefert auch gleich einige Übungen dazu.
6. Schreiben, um des Schreibens willen.
Manchmal reicht es, wenn ich meinen Lieblingsstift über das glatte Papier meines Notizbuches gleiten lasse. Das ist besonders bei Schreibblockaden hilfreich. Wenn mir nichts einfallen will, schreibe ich für 10 Minuten, ohne nachzudenken oder den Stift abzusetzen. Ich kontrolliere auch nicht, ob alles korrekt ist. Das ist nicht nur befreiend, sondern befeuert auch die Kreativität.
Wenn du mich fragst, sind das genug Gründe zu Papier und Stift zu greifen. Ich sage bewusst nicht, in die Tasten zu hauen, denn für mich geht es auch um das sinnliche Erlebnis des Schreibens.
Aber ich höre schon deine Einwände: Ich kann es nicht, ich bin nicht originell genug, ich habe Angst, dass andere es blöd finden, ich finde es peinlich, mir fällt sowieso nichts ein!
Vor einigen Jahren habe ich den Film Kinshasa Symphony gesehen. Er erzählt die Geschichte des Orchester Symphonique Kimbanguiste, dessen Mitglieder zum größten Teil Autodidakten waren und auf alten oder selbstgebauten Instrumenten klassische Musikstücke spielten.
Wer den Film sieht, wird schnell feststellen, dass es Orchester gibt, die perfekter performen. Aber Beethoven, Mozart oder Ravel haben ihre Musik nicht nur für die Wiener Philharmoniker komponiert.
Ähnlich verhält es sich auch mit dem Schreiben. Es ist nicht nur Autoren und Textern vorbehalten. Jeder darf und soll es tun. Worauf wartest du also noch?
Erzähl mir von deinen Erfahrungen mit dem Schreiben in den Kommentaren.